Stellungnahme zur Stromtrasse

Die Gleichstrompassage Süd-Ost, auch Süd-Ost-Stromtrasse oder Korridor D, ist die Bezeichnung einer Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Leitung. Sie soll in Nordostdeutschland produzierten Windstrom in die Bedarfsgebiete in Süddeutschland transportieren. Die Notwendigkeit der Stromtrasse wurde im Netzentwicklungsplan 2012 erläutert und im Rahmen des Bundesbedarfsplans gesetzlich verankert.

 

Der erste Entwurf nannte als Startpunkt Bad Lauchstädt und als Endpunkt Meitingen. Nach anhaltenden Protesten wurde der Startpunkt weiter nördlich nach Wolmirstedt verlegt. Als Endpunkt wurde später Gundremmingen ausgewählt, um dort den Strom in die bestehende Infrastruktur des 2021 vom Netz gehenden Kernkraftwerks Gundremmingen einzuspeisen. Die genaue Streckenführung ist derzeit noch nicht definiert. Die zum Download bereitgestellten Planunterlagen umfassen im Teil “Bedarfsermittlung 2024 - Vorläufige Prüfungsergebnisse Netzentwicklungsplan Strom (Zieljahr 2024)” keine konkreten Planungen sondern nur einen sehr breiten „Korridor D“, die sogenannte Süd-Ost-Passage von Wolmirstedt bis in den Raum Gundremmingen. Ein möglicher Trassenverlauf einer Gleichstrompassage Süd-Ost wird sich erst aus der noch anstehenden Bundesfachplanung ergeben.

 

Zu den im NEP 2024 geplanten Stromtrassen erhalten nun die Behörden und die Bevölkerung bis zum 15. Mai 2015 die Gelegenheit zur Stellungnahme. In der Sitzung vom 16. April haben nun die Fraktionen des Stadtrates über die Stellungnahme zu den Stromtrassen beraten und teilweise kontrovers diskutiert. Von Seiten der SPD-Stadtratsfraktion wurde angeregt, in die Beschluss mit aufzunehmen, dass die Stadt nicht grundsätzlich gegen Stromtrassen und für den Einsatz erneuerbarer Energien sei. Diese Anregung wurde jedoch nicht in der Stellungnahme der Stadt Gundelfingen aufgenommen. Fast einstimmig wurde die Stellungnahme von den Gundelfinger Räten beschlossen.

 

Stellungnahme der Stadt Gundelfingen zu den geplanten Stromtrassen:

 

„Der Stadtrat Gundelfingen a.d.Donau sieht aufgrund der Neufestlegung des Endpunktes des Korridors D in den Raum Gundremmingen als Netzausbaumaßnahme die Belange der Stadt Gundelfingen a.d.Donau durch die vorgelegten Planungen stark betroffen und nimmt deshalb wie folgt Stellung zum Netzentwicklungsplan Strom 2024 (NEP):

 

Es muss belastbar begründet werden, ob es überhaupt einen Bedarf an zusätzlichen Stromtrassen in Bayern gibt. Gegenstand einer kritischen Prüfung muss zudem sein, warum entgegen der geltenden Gesetzeslage der Endpunkt der geplanten Gleichstromtrasse „Süd-Ost“ nun der „Raum Gundremmingen“ sein soll.

 

Sollte sich der Bedarf von weiteren Stromtrassen auch in Bayern tatsächlich ergeben und der Netzbetreiber Amprion unverändert an einem Endpunkt Raum Gundremmingen für die geplante Gleichstromtrasse „Süd-Ost“ festhalten, so sind die nachfolgenden Argumente in den weiteren Verfahren entsprechend zu gewichten.

 

Ein besonderes Interesse der Stadt Gundelfingen a.d.Donau an den Planungen ergibt sich daraus, dass das Umspannwerk der Amprion beim Kernkraftwerk Gundremmingen auf Gundelfinger Flur befindet. Alle baulichen Maßnahmen und Erweiterungen in diesem Bereich betreffen den Naturraum und die Entwicklung der Stadt.

 

Im Bereich der Stadt Gundelfingen a.d.Donau befinden sich Natura-2000-Gebiete (FFH und SPA) sowie weitere Schutzgebiete (Landschaftsschutz- und Naturschutzgebiete).

 

Deutschlandweit ist der Landkreis Dillingen einer der wenigen Gebiete, in denen es noch bedeutende zusammenhängende Lebensräume für Tier- und Pflanzenarten gibt. Diese würden durch eine Leitungstrasse durchschnitten und stark entwertet.

 

Unsere Wälder sind zudem wichtige Gebiete für den Rotmilan (Dichtezentrum!) und andere Greifvögel in Bayern, sowie wertvolle Lebensräume für Spechte und Neuntöter in ausgedehnten, teils alten Laubwäldern und Heiden.

 

Hinzu kommt die Donau mit ihren begleitenden Auwäldern, die bedeutende zusammenhängende Lebensräume von überregionaler Bedeutung darstellen (ausgewiesen als FFH- und SPA-Gebiete) sowie zahlreiche Landschaftsschutzgebiete.

 

Das Donauried mit seinen Wiesenbrütergebieten hat existenzielle Bedeutung für den Vogelzug.

 

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Durchschneidung einer herausragenden Kulturlandschaft mit einmaligen zusammenhängenden Ökosystemen mit einer Stromtrasse eine starke und nicht ausgleichbare Beeinträchtigung von Natur und Landschaft darstellen würde, verbunden mit dem Verlust von Biotopflächen sowie von Schutzzonen und Vernetzungskorridoren. Leitungen können aufgrund ihres geradlinigen Verlaufs nicht auf kleinräumige Gebiete Rücksicht nehmen. Die Konsequenz von notwendigen Waldrodungen wäre u.a. Windwurf mit unübersehbaren Folgen für die Forstwirtschaft (Borkenkäferproblematik). Durch massive Fundamente der Stromtrassen und Anfahrtswege für Wartungsarbeiten gingen zudem wertvolle Lebensräume verloren.

 

Die zu erwartenden hohen Temperaturen der Leiterseile stellen außerdem eine Gefahr für alle Vögel dar, somit auch für bedrohte Vogelarten und Zugvögel. Besonders gefährdet sind heimische Großvogelarten wie Storch, Milan und Weihe.

 

Insbesondere die FFH-Richtlinie mit ihren klaren Schutz- und Erhaltungszielen in den Natura 2000-Gebieten bereiten der Stadt Gundelfingen a.d.Donau teilweise große Schwierigkeiten bei der Entwicklung der Kommune bzw. bei Baumaßnahmen zur zukunftsfähigen Entwicklung landwirtschaftlicher Betriebe. Für den Bau von Strommasten in diesen hochsensiblen Gebieten wäre deshalb keinerlei Akzeptanz zu erwarten. Vielmehr wären massive Proteste gegen die Stromtrassen seitens der Bevölkerung sowie von Naturschutz- und Vogelschutzverbänden vorprogrammiert.

 

Auch wenn durch den Netzentwicklungsplan nur der energiewirtschaftliche Bedarf zwischen zwei Netzverknüpfungspunkten festgestellt wird, so wird dadurch trotzdem der Anfangs- und Endpunkt eines Trassenkorriodors verbindlich festgelegt. Die Stadt Gundelfingen erhebt deswegen Einspruch gegen den Trassenendpunkt Gundremmingen aus den oben aufgeführten Gründen.

 

Falls trotz aller vorgebrachten Argumente die Trasse über das Gemeindegebiet geführt werden soll, ist die Kommune frühzeitig über die Planungen umfassend zu informieren und schon bei der Planung in sensiblen Bereichen eine Erdverkabelung vorzusehen oder bereits bestehende Netzeinrichtungen umzurüsten.“